Der Stichling hat eine kleine Fischlarve im Maul. Eine neue Studie stuft ihn als Raubfisch ein.

Kleiner Fisch kommt massenhaft vor

Studie: Stichling im Bodensee nicht eingeschleppt

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Marlene Fuchs
SWR-Redakteurin Marlene Fuchs Autorin Bild

Seit zwölf Jahren kommt der Stichling im gesamten Bodensee massenhaft vor. Eine Studie der Fischereiforschungsstelle Langenargen zeigt nun, wo die kleinen Fische herkamen.

Das plötzliche massenhafte Vorkommen des dreistachligen Stichlings auch außerhalb des Bodensee-Ufers seit zwölf Jahren hat Berufsfischerinnen und Berufsfischer sowie Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen jahrelang vor ein Rätsel gestellt. Sie vermuteten, dass eine neue Variante des Stichlings in den See eingeschleppt wurde. Doch eine neue Studie der Fischereiforschungsstelle Langenargen (Bodenseekreis) zusammen mit der Universität Glasgow widerlegt dies nun.

Seit dem Jahr 2012 sind nicht nur am Ufer, sondern auch im Freiwasser des Bodensees plötzlich massenhaft Stichlinge unterwegs. Sie machen mittlerweile gut 90 Prozent des Fischbestands im Bodensee aus.

Ufer-Stichlinge und Freiwasser-Stichlinge sind verwandt

Die Stichlinge, die außerhalb der Uferzone leben, sind aber keine von außen eingeschleppte neue genetische Variante. Stattdessen muss die Freiwasserpopulation aus der Uferpopulation hervorgegangen sein. Das bedeutet laut der Studie: Es kommt im ganzen See nur eine gemeinsame genetische Variante von Stichlingen vor. 

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Für die Studie wurden Stichlinge aus verschiedenen Teilen des Bodensees und seiner Zuflüsse mit genetischen Analysen untersucht.  Der Studie zufolge sollte der Stichling im Bodensee als Ganzes gemanagt werden. Denn die Uferpopulation könne immer wieder Freiwasserstichlinge "nachliefern".

Fisch macht Evolution im Schnelldurchlauf

Der Stichling macht derzeit eine Evolution in "Sieben-Meilen-Stiefeln" durch, heißt es von der Fischereiforschungsstelle. Denn obwohl die Stichlinge im gesamten See voneinander abstammen, seien sie nicht exakt identisch. Es seien genetische Unterschiede an mehreren Stellen des Genoms bei den Freiwasser- und Uferstichlingen gefunden worden. Auch beim Vergleich der Körperform zeigten sich Unterschiede. Dies seien erste Hinweise für eine Aufspaltung der Stichlinge in zwei getrennte Gruppen.

Das sei nicht ungewöhnlich. Doch normalerweise dauere so ein Prozess Jahrtausende. "Im Bodensee scheint die Evolution sinnbildlich gerade in ihre Sieben-Meilen-Stiefel gestiegen zu sein", heißt es in der Studie. Dies biete Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Möglichkeit, die ersten Schritte eines Artenbildungsprozesses zu beobachten.

Stichling bedroht Felchen

Der kleine silberne Fisch (Gasterosteus aculeatus) wurde Anfang der 1950er-Jahre erstmals im Bodensee nachgewiesen. Ab 2012 hatte er sich überraschend explosionsartig vermehrt. Er frisst den im Bodensee bedrohten Felchen das Plankton weg und macht sich auch über ihre Eier und Larven her. 

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